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Solidargemeinschaft muss handeln

Diakonie und Caritas fordern schnelle Lösung für die versprochene Pflegereform

Zum Tag der Pflege am 12. Mai ­machten ­Pfleger*innen mit einer „Sleep-In“-Protestaktion #Pflege­rebellion vor dem Bundestag auf Missstände im Pflegebereich aufmerksam. Foto: Jürgen Blume/epd

Gemeinsam setzen sich die kirchlichen Träger dafür ein, dass es in den nächsten vier Wochen ­wenigstens zu politischen Teil­reformen in der stationären und ambulanten Altenpflege kommt. 

Von Uli Schulte Döinghaus

Die politische Uhr tickt. Nur noch bis zum 3. Juli haben der Deutsche Bundestag und die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD Zeit, um Teile einer versprochenen Pflegereform auf den Weg zu bringen. Danach beginnen parlamentarische Sommerpause und Wahlkampf zum nächsten Bundestag. Evangelische Diakonie und katholische Caritas, die großen kirchlichen Anbieter von ambulanter und stationärer Altenpflege, ­drücken auf die Tube. „Zur Not im Schnellverfahren“, so Diakonie-­Präsident Ulrich Lilie, müssten etwa Initiativen für eine bessere ­Be­zahlung und Ausstattung aller ­Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der ­Altenpflege gesichert werden. 

Private Träger zahlen weniger

Ende Februar waren Versuche ­gescheitert, einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für alle ­Beschäftigten in der Altenpflege zu installieren. Die Arbeitgeber der ­Caritas hatten dies verhindert; ­diakonische Dienstgeber gaben sich machtlos.

Fachkräfte in der Altenpflege erhalten zurzeit zwischen 2800 und 3400 Euro im öffentlichen Dienst, ähnlich im kirchlichen Dienst. Private Träger zahlen etwa 10 Prozent weniger, heißt es. „Viele Pflegekräfte in der Altenhilfe außerhalb von Caritas und Diakonie verdienen oft nur einen geringen Lohn oder nur knapp über dem Mindestlohn“, kritisiert Caritas-Präsident Peter Neher die privaten Betreiber. 

Sie sollen per Gesetz gezwungen werden, faire Tarifverträge abzuschließen und „Tariftreue“ zu wahren. Aber: Gesundheitsminister Jens Spahn möchte ein sogenanntes „ortsübliches Entlohnungsniveau“ einarbeiten. Für Carit­­­­­­­­­­as und ­Diakonie sei das ein Einfallstor für niedrige Löhne, so hieß es kurz vor Pfingsten ­­­­­in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Kirchliche Sozialverbände befürchten einen Lohnwettbewerb „nach unten“ – zu ihrem Nachteil.  

Die Sorge ist berechtigt. Denn die – wachsende – Markt- und Preismacht der „Privaten“ ist beträchtlich. „Sie erzeugen gnadenlosen ­Kostendruck und verhindern damit gute Arbeitsbedingungen im ­Gesundheits- und Pflegesektor“, warnte die Wirtschaftsprofessorin und Regierungsberaterin Uta Meier-Gräwe neulich im Handelsblatt.   

Ein lukrativer Markt

Deutschlands Pflegeversicherungen zahlen pro Jahr 41 Milliarden Euro an ihre betagten und pflegebedürftigen Leistungsempfänger aus. Davon entfallen auf die „stationäre“ Pflege in Heimen und Wohngemeinschaften rund 15 Milliarden Euro, der Rest ist ambulante Pflege. Ein lukrativer Markt. Konsequenz: Fast die Hälfte (44 Prozent) aller Altenpflegeheime ist in privater Trägerschaft. Dagegen sinkt der Anteil der frei­gemeinnützigen Träger, zu denen auch Caritas und Diakonie gehören. 

Überall in der Altenpflege herrscht Mangel an Fach- und Hilfskräften. Eine einzige arbeitssuchende Altenpflegerin oder Altenpfleger kann zwischen vier Stellenangeboten und mehr auswählen, heißt es aus Arbeitsverwaltungen. Viele Beschäftigte und „ihre“ Pflegebedürftigen beklagen eine extrem verdichtete Arbeitsbelastung – zu wenige müssen sich um zu viele in zu kurzer Zeit kümmern. Um sie zu entlasten und den Beruf attraktiver zu machen, unterstützen Diakonie und Caritas bessere Personalbemessungen. 

Darüber wird in einer „Konzertierten Aktion Pflege“ nachgedacht, an der die Bundesministerien für Gesundheit (Spahn/CDU) und Arbeit (Heil/SPD) beteiligt sind. Ihre Rechnung bringt Bedenkenträger auf den Plan: Selbst ein abgespecktes Pflegereförmchen, bestehend aus Tariftreue, besserer Personalausstattung und gedeckeltem Eigenanteil der zu Pflegenden und ihrer Angehörigen, würde knapp 6,5 Milliarden Euro jährlich mehr erfordern als heute. 

Mindestens jede*r dritte Heimbewohner*in ist auf Sozialhilfe ­angewiesen, weil die Leistungen „ihrer“ Pflegeversicherung plus Rente immer öfter nicht ausreichen, um alle Heimkosten zahlen zu können. Zuletzt mussten Pflegebedürftige für die Unterbringung in Pflegeheimen im Bundesdurchschnitt einen Eigenanteil von knapp 2068 Euro pro Monat zahlen. Durchschnittliche Bruttorente in Deutschland: rund 1400 Euro monatlich. 

Die Kosten sind längst nicht mehr vertretbar

„Die Kosten für die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen liegen längst über jeder vertretbaren und vernünftigen Grenze“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. Im politischen Gespräch ist nun –auch wenn es zu einer umfassenden Pflegereform vielleicht erst in der nächsten Wahlperiode kommt –  eine schrittweise, prozentuale ­Begrenzung („Deckelung“) des individuellen Anteils der Pflegebedürftigen an den Kosten. In einer älter werdenden Gesellschaft müsse die Solidargemeinschaft aller die Pflege tragen und sichern, fordern Diakonie und Caritas. 

Um dies auf den Weg zu bringen, haben Regierungskoalition und ­Parlament nur noch vier Wochen Zeit. Die politische Uhr tickt. 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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