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Synode sagt Ja zur Zukunft

Die weitreichenden Beschlüssen der Landessynode.

Herbsttagung Landessynode EKBO
Kacheln statt Kirche: Bei der ersten digitalen Synodentagung der EKBO. Foto: Matthias Kaufmann/EKBO, Screenshot: Friederike Höhn/Youtube

Von Friederike Höhn und Katharina Körting (mit epd)

„Bevor es losging, hatte ich großen Respekt vor der ersten digitalen Synode“, erklärt Präses Sigrun Neuwerth, „jetzt weiß ich, dass es uns gut gelungen ist.“ Ohne größere technische Probleme, mit viel Disziplin und anhaltend guter Diskussionsfreude tagte die Landessynode der EKBO zum ersten Mal digital. Zoom-Konferenzen sind vielen in den vergangenen Monaten vertraut geworden, doch mit über 100 Teilnehmenden war dies für alle Beteiligten eine neue Herausforderung. „Auch wenn mir die Menschen sehr gefehlt haben, hat es sich irgendwann wie eine richtige Synode angefühlt“, sagt Neuwerth, die ihre letzte Tagung als Präses der Landessynode leitete. Vom 20. bis 23. Januar 2021 konstituiert sich nach den Kirchenwahlen 2019 eine neue Synode; Sigrun Neuwerth wird nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren.

Synode entscheidet sich für umfassendes Klimagesetz

Passend zur digitalen Form standen vor allem Zukunftsthemen auf dem Programm. Wie kann die Kirche für heute und morgen gestaltet werden und wie bringt sich Kirche in die Gesellschaft ein? Der größte Schritt war hier sicherlich die Verabschiedung eines weitreichenden Klimagesetzes, mit dem die EKBO bis 2050 klimaneutral werden will – als erste Gliedkirche in der EKD. Die klare Annahme des Gesetzes mit wenigen Änderungen war nach der ersten Lesung nicht absehbar. Mehrere Synodale erwogen eine Verschiebung, da die Vorlage sie nicht in allen Details überzeugen konnte. Doch letztendlich überzeugten die Argumente der Befürworter*innen sowie die nächtlichen Überarbeitungen durch die Synodenausschüsse eine Mehrheit der Synodalen (75 von 95 abgegebenen Stimmen). 

Dazu müssen in den nächsten 30 Jahren die kirchlichen Kohlen­dioxidemissionen um rund 900000 Tonnen auf null gesenkt werden. Gerechnet wird mit Mehrkosten von 150 Millionen Euro. Zur Finanzierung wird ab 2023 eine Klimaschutzabgabe für Kirchengemeinden eingeführt, mit der ein Klimafonds auf Ebene der Kirchenkreise gefüllt wird. Pro ausgestoßener Tonne CO²-Äquivalente müssen 125 Euro eingezahlt werden. Aus dem Fonds werden klimabedingte Mehrkosten bei der Sanierung von Immobilien finanziert. Ferner sieht das Gesetz vor, dass kirchliche Stellen spätestens ab 1. Januar 2022 ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien beziehen sollen. Hans-Georg Baaske, der Leiter des Umweltbüros der EKBO, freute sich über das eindeutige Votum. Mit der Umsetzung des Gesetzes werde die Kirche „noch besser als bisher unsere Verantwortung für eine weltweite Gerechtigkeit und eine Gerechtigkeit zwischen den Generationen wahrnehmen“.

Kirche unter anderen sein

Auch Bischof Christian Stäblein begrüßte das Gesetz. Es war seine erste Synode als Bischof der EKBO. In seinem Wort des Bischofs, das traditionell am Beginn der Verhandlungen steht, bezog er deutlich Position: „Ich schäme mich für ein Europa, das hier nicht recht vorwärts kommt“, sagte er angesichts der weiterhin schleppenden Diskussion um die Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten. Er forderte erneut mehr Hilfe für Menschen in Lagern wie auf der griechischen Insel Lesbos: „Holt die Menschen da raus, alle!“ Der Bischof verurteilte auch den islamistisch motivierten Mord an dem französischen Lehrer Samuel Paty, der im Unterricht das Thema Meinungsfreiheit und Mohammed-Karikaturen behandelt hatte. Der Mord sei ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Auch die Frauen und Männer in Belarus, die seit Monaten für Demokratie auf die Straße gehen, müssten Solidarität erfahren, betonte Stäblein. Menschen beizustehen und die Stimme für sie zu erheben, sei auch Aufgabe der Kirche, denn: „Wir wollen Kirche unter anderen sein!“

Diese klaren Worte nahm die Synode auf und verabschiedete eine eindringliche Bitte an die Politik: Länder, Gemeinden und Kommunen sollen die Wohnungsunterbringung von Geflüchteten, ganz besonders von Familien mit Kindern, fördern. Hintergrund ist die oft jahrelange Einquartierung in beengten Gemeinschaftsunterkünften, die eine gesellschaftliche Teilhabe kaum ermögliche, wie es in der Begründung heißt: „Die verpflichtende Gemeinschaftsunterbringung schadet uns allen, indem sie Inklusion verhindert und Rassismus durch Ausgrenzung Geflüchteter fördert.“

Bischof Stäblein wandte sich in seinem Wort auch nach innen und sprach die notwendigen anstehenden Veränderungen von Kirche in Deutschland an, die auch die Verhandlungen der EKD-Synode Anfang November bestimmen werden. Zur Zukunftsgestaltung der EKBO, über die die Landessynode zu beraten hatte, gehörte der Bericht des Projektes „Gemeinde und Körperschaften“. Dieses soll zu einer Verringerung der kirchlichen Körperschaften in der Landeskirche beitragen, konkret: Zusammenlegungen von Gemeinden und Pfarrsprengeln anstoßen, um kirchliches Leben vor Ort weiterhin zu ermöglichen und administrative Aufgaben zu bündeln. Aktuell gibt es in der EKBO etwa 1200 Körperschaften auf gemeindlicher Ebene. 

„Wir dienen nicht den Strukturen, sondern Gott und den Menschen“, sagte Pröpstin Christina-Maria Bammel, die das Projekt mitleitet und den Antrag bei der Synodentagung einbrachte. Für viele Synodale – und sicherlich auch alle anderen Kirchenglieder – ein leidiges Thema, dem man sich schon seit Jahrzehnten dauerhaft widmen muss. Der Gesetzentwurf mit zukunftsfähigen Vorschlägen und Maßnahmen – auch zum Bürokratieabbau – soll zur Frühjahrstagung 2021 vorliegen.

Unumstritten: Gesetz zur Prävention sexualisierter Gewalt

Zu Diskussionen führte der Bericht der Strukturkommission. Im Auftrag der Landessynode hatte diese umfangreiche Maßnahmen zu Einsparungen in allen kirchlichen Handlungsbereichen vorgelegt. Doch den Synodalen war dies an mancher Stelle noch nicht konkret genug, es fehlte ihnen ein strategisches Konzept. Nichtsdestotrotz sahen sie in dem Bericht einen „wichtigen Schritt für anstehende Transformationsprozesse“, wie es in dem Beschluss heißt.

Unumstritten war die Verabschiedung des Gesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt. Es tritt bereits am 1. November in Kraft. Wer kirchliche Angebote wahrnimmt oder bei der Kirche arbeitet, soll vor allen Formen sexualisierter Gewalt geschützt werden, heißt es in dem Kirchengesetz. Bei Verurteilungen wegen bestimmter Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist eine Beschäftigung im Bereich der Kirche in der Regel ausgeschlossen. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann eine Einstellung erfolgen, dann muss aber ein beruflicher Kontakt zu Minderjährigen oder abhängigen Personen ausgeschlossen sein. Die Kirchenkreise werden verpflichtet, eigene Schutzkonzepte zu erarbeiten und umzusetzen. 

„Sexualisierte Gewalt ist ein Thema, das uns alle unbedingt angeht, für das wir gründliche Aufarbeitung und erst recht eine gelingende Prävention brauchen“, betonte Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein gegenüber der Synode. Sie ist Ansprechpartnerin zur Aufklärung sexualisierter Gewalt und Missbrauch in der EKBO. 

Verabschiedet wurde auch der Nachtragshaushalt 2020, der aufgrund der sinkenden Einnahmen in Folge der Corona-Krise um acht Prozent nach unten korrigiert werden musste. Zum Ausgleich wird auch auf die Risikorücklage der Landeskirche zurückgegriffen. Der genaue Betrag lässt sich erst nach Jahresabschluss festlegen, angenommen werden vorerst sechs Millionen Euro.

Zum Ende der Tagung nahm Präses Sigrun Neuwerth Abschied von der Synode. „Ich habe dieses Amt leidenschaftlich gerne ausgeübt“, sagte sie und erinnerte an Meilensteine der vergangenen sechs Jahre, etwa die Einführung der Ehe für alle, die Friedensbeschlüsse, der Kirchentag 2017 in Berlin, die klare Haltung gegen Populismus und Rassismus sowie abschließend das Klimagesetz. 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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