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Thema: Dritte Orte

Mehr Innovation, weniger Verwaltung

Kirche dritte Orte
Foto: epd

Für 2020/2021 hat die Landessynode zwei Millionen Euro für sogenannte Dritte Orte bewilligt. Bis zum 1. Juni können sich Projekte innerhalb der EKBO um eine Förderung bewerben. Im Interview mit Karola Kallweit erklären Arlett Rumpff und Clemens W. Bethge, was Dritte Orte sein können und warum sie so wichtig für die Zukunft der Kirche sind.

Frau Rumpff, Herr Bethge, bevor wir zu den Dritten Orten kommen, was sind eigentlich erste und zweite Orte?

Arlett Rumpff: Erste Orte sind unsere Ortskirchengemeinden, zweite Orte sind Institutionen, Organisationen, Gemeinden an evangelischen Schulen, Alten­heimen, Krankenhäusern – also überall, wo sich auch Gemeinde bildet, aber nicht in diesem ortsgemeindlichen Zusammenhang.

Und was sind Dritte Orte?

Clemens W. Bethge: Eine Idee, ein spirituelles Angebot, das auf das Bedürfnis einer Zielgruppe antwortet. Ein Ort – das kann auch ein virtueller Ort sein – an dem sich Gemeinde über einen längeren Zeitraum trifft. Eine Versammlung von Menschen, die ihren Glauben an anderer Stelle bisher nicht so leben können, wie sie es möchten.

Der Begriff ist in der Stadtsoziologie und im Kulturbetrieb geläufig, wo es unter anderem um niedrigschwellige Angebote geht, um integrativer zu sein. Seit wann ist dieser Begriff im kirchlichen Rahmen zu finden?

Bethge: Tatsächlich sind unsere „Dritten Orte“ nicht direkt von diesem soziologischen Begriff abgeleitet. Aber die Niedrigschwelligkeit spielt auch bei uns eine wichtige Rolle. Bei uns ist ein „Dritter Ort“ eben ein „Dritter Ort“, weil er nicht erster und zweiter Ort ist. 

Rumpff: Fast alle Landeskirchen befassen sich mit diesem Thema und die Konzepte ähneln sich, heißen nur anders. Den Begriff  „Dritte Orte“ benutzt die EKBO als einzige Landeskirche. In der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM) sind das die sogenannten Erprobungsräume. 

Gibt es solche Dritten Orte in der EKBO bereits? 

Rumpff: Unser berühmtestes Beispiel ist REFO Moabit in Berlin. Das ist keine Ortsgemeinde, auch wenn das zunächst so erscheinen mag. Die haben sich einen Ort erschaffen, indem sie eine leerstehende Kirche übernommen haben und dort mit einer Gruppe von Menschen und vielen Kompetenzen etwas im und für den Kiez aufgebaut haben. Und es gibt Synergien zur Ortsgemeinde. Ein anderes Beispiel wäre eine neue Klostergründung in Marienfließ. Und natürlich digitale Formate. 

Ich finde es immer noch ein wenig schwer zu fassen, was genau das sein kann. 

Rumpff: Das ist ja die spannende Frage: Wir lassen uns selbst gerade überraschen, was alles Dritter Ort sein kann. Wir wissen es selbst nicht so genau. Immer wieder werde ich mit der Frage konfrontiert, dann sage ich: Sag du es mir! Hier geht es um die Zukunft der Kirche. Wie geht Veränderung? Was muss passieren? Welche Weichen müssen wir stellen? Wir wollen nah dran sein und gemeinsam etwas entwickeln. Ein ergebnis­offener Lernprozess für beide Seiten. Und wir als Landeskirche sind ein Partner.

Warum reichen die ersten beiden Orte nicht aus? Funktioniert Gemeinde im klassischen Sinn nicht mehr? 

Bethge: Das sind noch immer wichtige Orte. Aber auch wir müssen wahrnehmen, dass es in den Städten und Dörfern ganz viele Menschen gibt, die wir mit unseren Ortsgemeinden nicht mehr erreichen. Dritte Orte geben die Möglichkeit, Glauben anders zu leben, frei, ohne Zwänge und wie wir es kirchenrechtlich momentan noch nicht abbilden.

Sie legen nun ein Förderprogramm für Dritte Orte auf. Welche Kriterien müssen dafür erfüllt werden?

Bethge: Zuallererst muss die Idee überzeugen. Es muss ein innovatives geistliches Projekt innerhalb der EKBO sein, eine konkrete Zielgruppe haben und ein konkretes spirituelles Bedürfnis ansprechen. Es muss einen Trägerkreis geben, eine Personengruppe, die über­zeugend darstellen kann, dass sie über einen Förderzeitraum von fünf bis sieben Jahren bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. 

Und wer überprüft diese Kriterien? 

Bethge: Es gibt ein Auswahlgremium, das die Kirchenleitung berufen hat. Man stellt einen formlosen Antrag und wenn Sie eingeladen werden, können Sie dem Gremium persönlich Ihre Idee vorstellen. Von Anfang an wird es eine persönliche Betreuung geben. Jedes der Projekte wird vorher einmal von Arlett Rumpff besucht. Die enge Zusammenarbeit von Anfang an ist wesentlich.

Wird transparent gemacht, wer in dem Gremium sitzt und werden es nur Menschen aus der Kirche sein?

Bethge: Es wird eine Webseite geben, auf der das Gremium vorgestellt wird. Sieben Personen kommen aus dem kirchenleitenden Bereich und weitere sieben kommen aus anderen Bereichen und haben oft einen beruflichen Hintergrund, in dem Innovation wichtig ist, zum Beispiel aus der Start-up-Szene. 

Wie erreichen Sie die Gruppen, die ein Dritter Ort sind, sich vielleicht gar nicht im Klaren darüber sind und auch nichts von der Förderung wissen? 

Rumpff: Wer uns sucht und Hilfe braucht, der findet uns. Christliche Gründer sind untereinander gut vernetzt. Außerdem braucht  nicht jedes Projekt Unterstützung. Bethge: Wir denken zu oft durch eine institutionelle Brille und dass Geld der Motivator ist. Manchmal geht es einfach nur um Netzwerke und ideelle Unterstützung, also das Gefühl, dass man von der Landeskirche wahrgenommen wird. Dritte Orte sind dazu da, Neues zuzulassen und Neues entstehen zu lassen. Ein Experimentierfeld. Die Idee muss überzeugen, das Konzept kann noch offen für Veränderung sein.

Wird es irgendwann die klassische Gemeinde, das Konstrukt Landeskirche und die Parochien gar nicht mehr geben, sondern nur noch Dritte Orte? 

Bethge: Die Frage stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht, wir brauchen Ideen für alle drei Orte. Es geht bei den Dritten Orten nicht darum, ob sie einmal die ersten Orte ersetzen. 

Rumpff: Ich glaube schon, dass Landeskirchen sich in der Form, wie sie jetzt sind, auflösen werden und wir zukunftsfähige Ideen brauchen. 

Die Landeskirche als Dienstleister ohne diesen mächtigen Verwaltungsapparat, ohne Hierarchien?

Rumpff: Ja, ein Nebeneinander von ersten, zweiten und dritten Orten und die Landeskirche sitzt als Unterstützungssystem irgendwo gleichberechtigt in der Mitte.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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