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Von Stammtisch bis "Instawalk"

Vor allem junge Menschen müssen für den Job häufig umziehen. In der neuen Stadt fühlen sie sich oft allein. Eine Kirchengemeinde könnte da ein Ort der Zuflucht sein. Einige fühlen sich dort aber nicht willkommen. Es braucht neue Ideen.

In Lübben lädt die Aktion "Offene Kirche" Interessierte in die Paul-Gerhardt-Kirche ein. Foto: Rainer Oettel/epd
In Lübben lädt die Aktion "Offene Kirche" Interessierte in die Paul-Gerhardt-Kirche ein. Foto: Rainer Oettel/epd

Von Carina Dobra (epd)

Betreff: "Kirchensteuer - ihr Zuzug nach Bayern." "Sehr geehrter Herr Schramm. Herzlich willkommen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche!" Immerhin - so fängt das Schreiben an den 28-jährigen Jonas Schramm an. Dann ein paar wenige warme Worte. Es folgen ausführliche Informationen zur Kirchensteuer und die Bitte, diese zu überweisen. Eine herzliche Begrüßung sieht anders aus, findet Schramm. Der Journalist ist genervt: "Und die Kirche wundert sich, wenn die Mitglieder wegrennen. Peinlich.", twittert er unter den Screenshot des Schreibens.

Dabei sind neue Kirchenmitglieder essenziell, wie der Blick auf die sogenannte Freiburger Studie zeigt, die im vergangenen Mai vorgestellt wurde. Die Untersuchung prognostiziert eine Halbierung der Mitgliederzahlen bis 2060. Besonders häufig treten junge Menschen zwischen 20 und 35 Jahren aus. Oftmals wenn sie ihre erste Arbeitsstelle antreten. Die Kirchensteuer schreckt viele ab.

Ein kurzes Schreiben

Der Umgang mit Neu-Mitgliedern treibt auch Kirchenleitende um. Für eine abgestufte Mitgliedschaft plädiert zum Beispiel der Berliner Bischof Christian Stäblein. So sollte es auch Fördermitgliedschaften oder ruhende Mitgliedschaften geben. Man könnte vereinbaren, dass jemand einige Jahre keine Kirchensteuer zahlt, aber dennoch Mitglied bleibt. Ähnlich hatte sich der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung geäußert. Er denkt über Steuererleichterungen für junge Mitglieder nach. Solche Modelle seien jedoch nur auf Ebene der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dem Zusammenschluss der 20 Landeskirchen, zu realisieren, betont Jung.

Ein kurzes Schreiben gehört bei den meisten Gemeinden zum Standardprogramm. Oft wird auch ein Begrüßungsabend angeboten, bei dem die Neulinge vorgestellt werden - wenn sie das möchten. In einigen Gemeinden kommt außerdem der Besuchsdienstkreis zu neuen Mitgliedern nach Hause. Die Ehrenamtlichen führen Gespräche, informieren über Angebote und laden zu Gottesdiensten und Veranstaltungen ein.

 

"Trägheit der Kirche"

In der Solinger Luther-Kirchengemeinde erwartet neue Gläubige ein Willkommenspaket. Darin kleine Geschenke wie Tee und Popcorn sowie eine Einladung auf den Kirchturm der Lutherkirche. Eine schöne Idee, findet Gerhard Wegner, ehemaliger Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover. Er könne sich auch Freikarten für Konzerte vorstellen. All das könne aber nur ein Anfang sein, betont er. Der Sozialwissenschaftler kritisiert die "Trägheit der Kirche". Durch die Kirchensteuer sei sie nicht gezwungen, sich zu verändern, meint Wegner. Die Kirche müsse einen "Quantensprung" in Sachen Kommunikation machen.

Ideen gibt es, theoretisch

Vor allem die jeweiligen Heimatgemeinden müssten mit jungen Menschen nach einem Wegzug die Verbindung aufrecht erhalten, sagt der Theologe. Etwa mit einem Newsletter, Geburtstags- und Weihnachtsgrüßen. Dabei müssten sie selbstverständlich neue Medien wie E-Mail und die sozialen Netzwerke nutzen. "Jede Firma kann das", kritisiert Wegner das fehlende Engagement vieler Kirchengemeinden.

Ideen gibt es - zumindest theoretisch. Der 31-jährige Pfarrer Steve Kennedy Henkel an der Erlöserkirche München schlägt eine Art Stammtisch für Zugezogene vor. Das Problem: Er hat neben Gottesdienst, Seelsorgegesprächen und Büroarbeit kaum Zeit für solche innovativen Projekte, erzählt er. Denn dahinter stecke eine Menge Organisation: Schließlich müsse auch schon die Einladung zu einer solchen Veranstaltung cool aussehen, erklärt der junge Theologe.

Auch sein Kollege Jörg Niesner aus der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) macht sich Gedanken, wie er gerade mit Jugendlichen in Kontakt kommt. Zum Start seiner Pfarrstelle in der Kirchengemeinde Laubach nahe Gießen im Januar 2020, hatte der digitalbegeisterte Theologe zu einem "Instawalk" eingeladen. Bei dem Spaziergang durch die Stadt machten die Teilnehmer Fotos und posteten sie auf Instagram. Der Tag war ein Erfolg, wie Niesner sagt. Mehr als 30 Menschen zwischen 17 und 40 Jahren hatten sich angemeldet, gerechnet hatte der ausgebildete Notfallseelsorger mit höchstens zwölf. Mit der Gruppe möchte der Pfarrer künftig in Kontakt bleiben, um mögliche neue Formate zu entwickeln.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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