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Wie eine Erlösung

Die Schulderklärung der Landeskirche gegenüber queeren Menschen

Foto: pixabay

Von Bertold Höcker

Wie eine Erlösung wirkte die Schulderklärung der Kirchen­leitung am vergangenen Freitag ­während des Gottesdienstes zum Christopher Street Day (CSD) in der St. Marienkirche in Berlin-Mitte. Etliche der Anwesenden mussten genau das durchleiden, was die Schulderklärung aufzählt: peinliche Befragungen, Unterstellungen, ­Karriereabbruch, Diskriminierungen. 

Dass nach langem synodalen Prozess jetzt die Kirchenleitung sich zur Schuld gegenüber queeren Menschen öffentlich bekannt hat, fühlte sich für die Vielen, die ihr ganzes Leben in der Kirche nur am Rand maximal geduldet wurden, als eine große Erlösung an. Die Reaktionen nach dem Gottesdienst bestätigen diesen Eindruck. Gleiches gilt für die Rückmeldungen durch Bundes- und Landesregierung ­während der Gottesdienstfeier. 

Mit der Schulderklärung endet formal und inhaltlich eine jahrhundertelange Diskriminierung von LGBTIQ*Personen sowohl durch theologische Festlegungen als auch mangelnde Unterscheidung zwischen dem Befund der Heiligen Schrift und der kulturellen Überlieferung. Informationsdefizite dazu zeigten sich noch bei der ­Diskussion des durch die Landes­synode initialisierten Konsul­tationsprozesses nach 2016 zur Gleich­stellung der Trauung gleich- und verschiedengeschlechtlicher Paare. Eine Informationsbroschüre zu den theologischen und kulturellen Inhalten wurde für den CSD-Gottesdienst vom Kirchenkreis Stadtmitte noch einmal erstellt. 

Etliche der Gottesdienstbesuchenden hörten der Verlesung der Schulderklärung durch den Bischof mit Tränen in den Augen zu, besonders als es hieß: „Trotz dieser ­Erfahrungen, trotz Ausgrenzung, trotz mangelnder Akzeptanz und mangelnder Anerkennung blieben Menschen, die gleichgeschlechtlich liebten und lieben, ihren Gemeinden, ihrer Kirche treu und verbunden.“ Dieser Satz stellt für Viele eine Anerkennung und erste Wiedergutmachung für jahrzehntelanges Leiden innerhalb der verfassten Kirche dar. Die Wirkung und Stellung der Schulderklärung kann daher nur historisch genannt werden. Das gilt nicht nur für theologische Klarstellungen, die in der wissenschaft­lichen Exegese bereits seit Jahrzehnten gefordert wurden, sondern auch für den Neubeginn, den die Schulderklärung darstellt. 

Künftig will unsere Kirche an der Seite queerer Menschen stehen, um deren Diskriminierung innerhalb und außerhalb der Kirchenmauern zu wehren. Mit der Erklärung beginnt ein neuer langer Weg, wirklich diskriminierungsfreie ­Kirche der Vielfalt zu sein. Auch ­andere Landeskirchen versuchten Entschuldigungen, nachdem Diskriminierungen queerer Lebensformen weitgehend abgebaut wurden. Allerdings sucht die Schulderklärung der EKBO ihresgleichen, weil sie sowohl echte Betroffenheit über das Geschehene als auch Ansätze künftiger Entschei-dungen beschreibt, die bislang keine andere Landeskirche aus­zusagen wagte. In der Gruppe der Angesprochenen zeigte sich durch diesen besonderen Ton die Ernsthaftigkeit der Aussagen in authentischer Glaubwürdigkeit. Der Mut der Kirchenleitung spricht für eine aufgeklärte, lebendige Kirche, die Schuld nicht verdrängt und neue Wege zu gehen wagt. Ich bin stolz, eines ihrer Glieder zu sein. 

Die Informationsbroschüre zu den theologischen und kulturellen ­Inhalten kann kostenlos unter www.kkbs.de/publikationen heruntergeladen werden. 

                                                   

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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