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Wir sind Pfarrerinnen

In Polen wurden erstmals Frauen ordiniert

Frauenordination in Polen im Mai 2022

Wir sind Pfarrerinnen

 

Zum ersten Mal in der Geschichte der polnischen evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses wurden Frauen ordiniert

 

Von Dariusz Bruncz

 

Am vergangenen Samstag wurde im Herzen Warschaus und den polnischen Lutheranern Kirchengeschichte geschrieben. In der zentral gelegenen evangelischen St.-Trinitatis-Kirche wurden am 7. Mai neun Diakoninnen zu lutherischen Pfarrerinnen ordiniert. Dies war möglich dank des Votums der Kirchensynode vom 16. Oktober 2021, die mit Zwei­drittel-Mehrheit die Kirchensatzung ändern ließ.

 

Früher durften Theologinnen „nur“ zu Diakoninnen ordiniert werden. Nach der vorletzten Satzungsänderung war es ihnen erlaubt, auch Abendmahlsgottesdiensten vorzustehen, was eigentlich schon davor praktiziert wurde. Aber sie durften bisher keine Gemeinde leiten. Der Synodenbeschluss hat Ungereimtheiten und Widersprüche im Amtsverständnis, aber vor allem in der kirchlichen Praxis entfernt.

 

Ordinationseid auf Brester-Bibel aus dem 16. Jahrhundert geleistet

 

In Anwesenheit vieler Gläubigen und Glaubensgeschwister aus der lutherischen Weltkirche sowie ein paar ökumenischen Gästen aus einzelnen protestantischen Kirchen, haben neun evangelische Theologinnen ihren Ordinationseid geleistet.

 

Symbolträchtiger für dieses historische Ereignis hätte es nicht sein können: Beim Einzug in die Kirche wurde die Originalausgabe der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Brester-Bibel in die Kirche hineingetragen, auf die dann die Ordinierten ihr Versprechen leisteten.

 

Manche Frauen haben nur ein paar Jahre, andere aber 40 Jahre gewartet. „Warum so spät? Hat es deswegen so lange gedauert, weil Ihr schlechtere Leistungen erbracht oder ineffizienter als männliche Theologieabsolventen gearbeitet habt? Nein! Die Kirche hat Eure Berufung nicht erkannt! Die Antwort aufs Warum kenne ich nicht, aber alles hat seine Zeit und heute ist die Zeit der Freude“, sagte der leitende Bischof Jerzy Samiec in seiner Ansprache, früher selbst Gegner der Frauenordination.

 

Talar und Chorhemd jetzt auch für Pfarrerinnen

 

Traditionsgemäß wurden die Ordinierten durch die Anrufung des Heiligen Geistes im altkirchlichen Hymnus „Komm, Heiliger Geist“, das Gebet und die Handauflegung ­ordiniert. Danach wurden ihnen  ihre Talare mit dem Chorhemd übergezogen. Es handelt sich um das in Polen übliche liturgische Gewand, das die Pfarrer – und jetzt auch Pfarrerinnen – in manchen Regionen nur bei Hochfesten tragen und ­anderswo sonntäglich. Die neu ­Ordinierten werden mit Chorhemd eingekleidet, damit sie sich an die Reinheit des verkündigten Wortes und der gespendeten Sakramente erinnern.

 

Es mangelte nicht an berührenden Momenten, etwa bei der Handauflegung der Ordinationsassistenten, bei denen es sich mehrfach um Ehemänner, Söhne oder andere Familienangehörige handelte. Pfarrer Slawomir Sikora aus Stettin  konnte seine Tränen nicht verbergen und rang um Fassung, als er das biblische Votum über seiner Frau aussprach. Nicht weniger berührend war die Reaktion der Festgemeinde, als sich die frisch ordinierten Pfarrerinnen zur Gemeinde umdrehten: Die erhob sich und applaudierte im Stehen. „Das war im liturgischen Ablauf nicht vorgesehen“, kommentierte Bischof Samiec sichtlich erfreut.

Als erste wurde Pfarrerin Halina Radacz aus Zyrardow bei Warschau ordiniert. Sie ist nicht nur Theologin, sondern auch Chefin der Ökumenischen Redaktion beim Polnischen Staatsfernsehen. In ihrer Predigt betonte sie, in der Kirche müsse das Recht der Liebe unter den Jüngerinnen und Jüngern Jesu walten und heute mache die Kirche einen großen Schritt auf diesem Weg.

 

Grußworte kamen auch aus der lutherischen Familie – der estnische Erzbischof Urmas Viilma, der als Vizepräsident des Lutherischen Weltbundes (LWB) fungierte, gratulierte der polnischen Kirche. Segenswünsche kamen auch vom ungarischen leitenden Bischof Tamas Fabiny, der als Präsident auch den Martin-Luther-Bund repräsentierte. Die lutherischen Kirchen der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) vertrat die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt. Auch Vertreter*innen aus den evangelisch-unierten Partnerkirchen aus Berlin-Brandenburg und Hessen-Nassau nahmen teil.

 

Es gibt noch kein weibliches Wort für Pfarrerin

 

Die Warschauer Ordination hat große Aufmerksamkeit in den polnischen Medien geweckt, die sonst kaum Interesse an der 65000-Kirchenmitglieder starken Evangelisch-Augsburgischen Kirche haben. Im Internet und in mehreren Medien wird über das Ereignis berichtet.

 

Jetzt gilt es noch eine kleine „Hürde“ zu bewältigen, und zwar die sprachliche. Anders als in der deutschen Sprache ist es im Polnischen manchmal sehr schwierig, weibliche Substantivformen zu entwickeln. Das in der polnischen Sprache übliche Wort für einen Pfarrer ksiądz hat keine weibliche Form und muss mit Grammatikgymnastik in maskuliner Deklination hin und her eingeübt werden, da es (noch) keine zufriedenstellende Entsprechung gibt. Aber im Vergleich mit dem langen Wüstengang schaut man auf solche sprachlichen Herausforderungen mit großer Freude.

 

Dariusc Bruncz leitet das Portal ekumenizm.pl und ewangelicy.pl, den Internetauftritt der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen. Er ist freier Journalist.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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